Forts der Festung Kraków – ein europäisches Phänomen

Kościuszko-Erdhügel aus der Vogelperspektive
Die Krakauer Festung ist ein europaweit einzigartiges Ensemble von Militärobjekten. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg umfasste die Festung eine Fläche von mehr als 500 Quadratkilometern, und ihr Umfang betrug etwa 60 Kilometer.

1850 erließ der österreichische Kaiser Franz Joseph I. den Beschluss, um Kraków eine Festung zu errichten. Einige glaubten, dass die Anlagen dazu dienen sollten, die Stadt zu überwachen und mögliche Aufstände zu unterdrücken. Historiker sind jedoch der Meinung, dass die Umwandlung von Kraków in eine mächtige Festung andere Gründe hatte. Die österreichisch-ungarische Monarchie hatte zunehmend Angst vor dem zaristischen Russland, und Kraków lag an einem strategischen Punkt. Die Stadt konnte dadurch als ein wichtiger Verteidigungspunkt gegen mögliche Angriffe aus der Richtung von Warschau, als auch von Lemberg fungieren, sie lag auf dem Weg nach Wien und machte es unmöglich, durch die Flusstäler in die Slowakei zu gelangen.

Fort Rajsko z grubymi murami wśród zieleni

Acht Verteidigungsbereiche der Festung

Zum Hauptkern der habsburgischen Festung wurden die Befestigungsmauern von Kraków und Podgórze, die damals separate Städte waren. Die Arbeiten gingen zügig voran, obwohl die Bauarbeiter mit verschiedenen Hindernissen zu kämpfen hatten. Der Erdrutsch und der Einsturz der hölzernen Bastion VI wurde sogar zum Thema eines Krakauer Liedes, das in freier Übersetzung lautet: „Man braucht keine Moskauer, denn alles bricht von allein zusammen. Kommt, ihr Franzosen, seht die Trümmer“. Glücklicherweise ist dies nicht geschehen. Der Bau, der Umbau und die Modernisierung der Festung haben sich praktisch bis zum Ersten Weltkrieg hingezogen. Sie resultierten in der Errichtung riesiger Festungsanlagen: Panzer- und Artillerieforts aus Stein und Beton, Feldschanzen und Erdanlagen. Die Forts waren in Verteidigungsbereiche unterteilt. Jeder Bereich verfügte über eine gewisse Autonomie im Kampf, eine eigene Besatzung und ein eigenes Kommando. Es wurden schließlich acht Verteidigungsbereiche geschaffen:

  • I - Die Stadt Kraków (der Kernbereich der Festung),
  • II - Die Stadt Podgórze
  • III - Westliche Außenbezirke des Wolski-Waldes (Oberlauf der Weichsel - Rudawa-Tal)
  • IV - Mydlniki - Zielonki (Rudawa-Tal  - Prądnik-Tal),
  • V - Zielonki - Mistrzejowice (Prądnik-Tal - Dłubnia-Tal),
  • VI - Mistrzejowice - Weichsel (Dłubnia-Tal - unterer Verlauf der Weichsel),
  •  VII - Weichsel - Wilga (unterer Verlauf der Weichsel - Wilga-Tal),
  • VIII - Wilga - Weichsel (Wilga-Tal  - Oberlauf der Weichsel).

Kraków im Ring der Festung

Der Ausbau der Festung fiel in eine Zeit revolutionärer Veränderungen in der Entwicklung der Artillerie, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle auf den Schlachtfeldern spielte. Ihre Effektivität und Zielgenauigkeit nahmen erheblich zu. Die Vervielfachung der Geschosskapazität und -reichweite zwang die Architekten von Festungsanlagen, die Verteidigungselemente immer weiter vom Kern der Festung, d. h. dem Stadtzentrum, entfernt zu bauen. Kraków wurde mit drei Ringen von Befestigungsanlagen umgeben. Der erste, nur 600-800 Meter vom Hauptmarkt entfernt, wurde in den 1860er Jahren errichtet. Sein Verlauf wird heute von den Straßenzügen Aleje Trzech Wieszczów markiert, seine Wahrzeichen sind die Bastion III Kleparz und die kürzlich entdeckten Überreste der Bastion V Lubicz (Kreisverkehr Rondo Mogilskie). Die äußere Verteidigungslinie, die am weitesten vom Hauptmarkt entfernt lag, wurde um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert errichtet. Sie bildete mittlerweile einen Kreis mit einem Radius von bis zu 11 Kilometern, der von den weit voneinander entfernten Forts in Kosocice, Bodzów, Pasternik, Tonie und Grębałów markiert war. So entstand in Kraków vor dem Ersten Weltkrieg eine der größten europäischen Festungen. Sie nahm eine Fläche von über 500 Quadratkilometern ein, ihr Umfang betrug etwa 60 Kilometer.

Forts, die Kraków verteidigen konnten

Die Festungen der Krakauer Festung spielten in der Anfangsphase des Ersten Weltkriegs an der Ostfront eine wichtige Rolle, und das fast ohne Kampf. Dank der Festung wurde die Stadt Kraków während der Offensive im November und Dezember 1914 von der russischen Armee nicht eingenommen. Da sich die feindlichen Kräfte auf dem Vorfeld der Festung konzentriert gesammelt haben, konnten die Österreicher ihre Truppen neu formieren, den siegreichen Flankenangriff bei Limanowa starten und schließlich, bereits im Mai 1915, mit Unterstützung des deutschen Heeres, die Russen in der mörderischen Schlacht bei Gorlice zerschlagen und die Front weit nach Osten verlegen. In den letzten Wochen des Ersten Weltkriegs konnten die mächtigen Befestigungen der Festung die österreichisch-ungarische Garnison nicht mehr vor dem Zerfall bewahren und fielen kampflos in die Hände der sich organisierenden polnischen Armee. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil der Befestigungsanlagen der Krakauer Festung dem Verfall überlassen. Heute sind viele der Forts noch verlassen und verfallen weiter. Nur wenige wurden modernisiert, renoviert und werden heute für andere Zwecke genutzt, z. B. für das städtische Kulturhaus, eine Reitschule oder ein Museum.

Gelb-schwarz-gelbe Route

Die Verteidigungsanlagen von Kraków sind europaweit einzigartig. Sie sind ein Hochgenuss für Fans von Militaria, der Geschichte und der Erkundung längst vergessener Orte (die s. g. Lost Places). Die Touristische Route der Festung Kraków umfasst mehr als 100 militärische Anlagen in der Stadt und ihrer Umgebung, darunter 38 große Forts. Sie kann zu Fuß oder mit einem Fahrrad zurückgelegt werden, es lohnt sich dabei, die Tour in kleinere Abschnitte aufzuteilen - die Gesamtlänge der Route beträgt fast 100 Kilometer! Die Route ist in zwei Hauptabschnitte unterteilt.

  • Die nördliche Schleife am linken Weichselufer führt vom Fort Mogiła in Nowa Huta zum Fort Kościuszko (um den  Kościuszko-Erdhügel) im Stadtteil Salwator.
  • Die südliche Schleife führt durch das rechten Weichselufer von Płaszów bis Krzemionki. Seine äußersten Punkte sind die Forts Lasówka und St. Benedikt.

Die Touristen folgen der gelb-schwarz-gelben Route. Diese Farbgebung ist nicht zufällig - es sind die Farben der Habsburgermonarchie. Die Touristenroute der ehemaligen Festung Kraków verbindet die meisten der am Stadtrand gelegenen Festungsanlagen und soll eine weitere Touristenattraktion Krakaus bekannt machen. Auf Initiative der Militärabteilung des Polnischen Tourismusvereins in Kraków, die nach General Józef Bem benannt ist, wurde sogar ein Touristenabzeichen „Die Festung Kraków“ ins Leben gerufen.

Zweites Leben der Festung

Einige Forts gingen in den Besitz von Privatpersonen über und werden noch heute genutzt. Im Fort 38 Skała befindet sich heute das astronomische Observatorium der Jagiellonen-Universität. Die Forts Olszanica und Grębałów beherbergen Reitschulen. Das Fort Kościuszko in Salwator ist der Sitz der Rundfunkstation RMF FM, während im ehemaligen Fort III Kleparz ein beliebter Musikclub untergebracht ist. Derzeit wird an der Renovierung von Fort Tonie gearbeitet, das in Zukunft den Hauptsitz des Museums der Festung Kraków beherbergen soll. Das Fort 49 Krzesławice, in dem das Jugendkulturzentrum untergebracht ist, gilt als Vorzeigeobjekt für die Renovierung und Bewirtschaftung eines Forts. Seine Renovierung wurde unter anderem vom polnischen Nationalkomitee des Internationalen Rates für Denkmalschutz - ICOMOS - gewürdigt. Nach ihrem Besuch der Anlage 2018 erklärten die Vertreter des Rates, dass die in Fort 49 durchgeführten Modernisierungsarbeiten als ein landesweites Modell für andere derartige Sanierungsprojekte dienen könnten. Dies ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. In Kraków gibt es noch viele Forts, die unbenutzt sind und sich in unterschiedlichem, oft schlechtem technischem Zustand befinden. Die Route der Festung Kraków ist etwas Einzigartiges, ein Phänomen von europäischem Ausmaß. Es handelt sich um ein „Produkt“ mit einem enormen Tourismus- und Vermarktungspotenzial.

Besuchen Sie einige der Forts:

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